Spielt alles keine Rolle, denn eigentlich bin ich ein Poet
Einige ausgewählte Szenen aus Stewart O'Nans Drehbuch über das bizzare, melodramatische, von Verkanntheit und Trunksucht geprägte Leben des Edgar Allan Poe
Als Poe seine Tante Muddy besucht, die in Baltimore eine Pension betreibt,
verliebt er sich in seine 11-jährige Cousine Virginia. Nach am selben Abend
hält er um ihre Hand an.
Muddys Herberge
Muddy im Nachthemd, kämmt ihr Haar vor einem Schminktisch. Hinter ihr sieht
man (im Spiegel) Edgar in seinem üblichen dunklen Anzug, im Hintergrund das
Bett.
Muddy: Du weißt, das Gesetz verbietet es.
Edgar: Und Du?
Muddy: Ich wäre glücklich, sie gut versorgt zu wissen.
Edgar: Dann bitte ich Dich hiermit um Virginias Hand.
Muddy legt die Bürste nieder und steht auf, um ihm ins Gesicht zu sehen.
Dabei kommt sie ihm unangenehm nahe.
Muddy: Sie ist ein Kind und wird es noch lange sein. Ich stimme der Heirat
nur zu, wenn Du auch mich nimmst.
Edgar: Wie meinst Du das?
Muddy : (kommt noch näher) Mit der Wonne des Herzens und der Wärme der
Familie.
Edgar: Nach der ich so gedürstet habe.
Muddy: Und wie willst Du uns drei ernähren?
Edgar: Wenn ich erst Offizier bin, werde ich dazu in der Lage sein.
Muddy: Bist Du auch in der Lage, uns beide zu lieben?
Edgar:
Ich werde Dich nicht enttäuschen.
Muddy: Deine Gefühle scheinen aufrichtig zu sein.
Sie ergreift seine Handgelenke und drückt seine Hände auf ihre Brust.
Muddy : Und jetzt überzeuge mich von Deinen Absichten.
Sie zieht ihn zu sich heran, bis sich beider Lippen berühren.
Auf der Veranda
Eine Kutsche wartet auf Edgar. Er reicht seinen Handkoffer hinauf. Dann
küsst er erst Muddy, dann Viginia, und hält ihre Hand noch einen
Moment, bevor er einsteigt. Die Kutsche zieht an, und er winkt. Muddy und
Virginia winken zurück, sie werden kleiner, dann verschwimmt ihr Bild im
Staub, den die Räder aufwirbeln.
Edgar lebt fortan mit seiner Tante und seiner Cousine in einer Menage à
trois. Als Virginia dreizehn Jahre alt ist, lassen sie sich heimlich trauen.
Beim Leichenbestatter
Edgars Bruder Henry ist gestorben, kurz nachdem sich beide nach Jahren der
Trennung wiedergetroffen hatten. Der Bestatter ist ein alter Kriegskamerad
seines Großvaters. Durch ihn erfährt er, dass auch sein verschollener
Vater mittlerweile tot ist.
Mister Forbes, ein kahlköpfiger Mann mit kräftigen Armen, führt
Edgar in das Hinterzimmer seines Ladens, wo eine Auswahl grober Särge gegen
die Wand gelehnt ist. Er hat ein Maßband um seinen Hals geschlungen wie
ein Schneider.
Forbes: Das wäre dann ihrer.
Edgar bleibt stehen und bemerkt, dass der untere Teil des Sargdeckels mit
Scharnieren und einem Schloss ausgestattet ist.
Edgar: (zeigt auf den Verschluss): Ich fürchte, mit solchen
Geräten kenn ich mich nicht aus.
Forbes: Es ist, damit man raus kann, wenn es nötig ist.
Edgar:
Raus?
Forbes führt es vor, öffnet den Deckel des Sarges wie eine Tür.
Forbes: Wir müssen alle irgendwann raus, auf die oder andere Weise.
Edgar: Lässt sich der obere Teil ebenfalls öffnen?
Forbes: Für die, die richtig herum liegen, schon. Aber man weiß
es schließlich nicht, bevor man abberufen wird.
Edgar: Und wenn man den Sarg einfach ganz offen ließe?
Forbes: Nein, der wird schön fest verschlossen, und wer raus will,
muss halt klopfen. Das ist solide Arbeit, beste kalifornische Kiefer. Der
hält bis zum Jüngsten Tag und noch eine Woche darüber hinaus.
Edgar: Ich sollte noch erwähnen, dass ich ein Poe bin, Edgar Poe.
Forbes: (nimmt seine Hand): Ist mir eine Ehre, Sir. Der hier ist für
einen Poe?
Edgar: Für Henry Poe, einen Enkel des Generals.
Forbes: Und wie groß war dieser Mann?
Edgar: Nicht größer als ich.
Forbes nimmt das Maßband, das um seinen Hals hängt.
Forbes: Wenn Sie so freundlich wären. Nicht jeder ist dazu bereit.
Da Edgar nicht protestiert, bringt Forbes seine Arme und Schultern in die
richtige Position und nimmt Maß. Die Maße notiert er auf einem
Block.
Forbes:
Henry Poe, Gott segne ihn. Ich nehme mich gerne seiner an, wie ich es
schon bei seinem Vater und bei seinem Urgroßvater getan habe.
Edgar: Seinem Vater?
Forbes: Der Schauspieler. Der hatte wirklich Gardemaß.
Edgar: Wann soll denn das gewesen sein?
Forbes: Könnten gut und gerne zwanzig Jahre her sein. Er nahm einen
besonders großen, hatte ja eine Menge Fleisch am Leib. Ich hatte
schön zu tun, das alles unterzubringen.
Forbes ist fertig mit Messen und legt das Maßband über seine
Schulter. Sie gehen nach vorn zur Ladentheake.
Forbes: Ganz anders als der General. Der war bis zuletzt in Form. Ich bin
dem Mann bis in die Hölle gefolgt, und das würde ich sofort wieder
tun.
Er schlüpft hinter die Theke und stellt die Rechnung aus. Er ist
aufgekratzt, glücklich, ein Geschäft gemacht zu haben, seine Augen ein
bisschen flackern irr.
Forbes: Wann kann ich ihn vorbeibringen?
Auf dem Friedhof
Edgar, Virginia und Muddy bilden Henrys Trauergesellschaft. Edgar beobachtet,
wie der Sarg in die Tiefe gelassen wird. Er sieht, wie sich ein Regenwurm durch
die Erde der ausgehobenen Grube wühlt. Der Geistliche spricht den Segen und
wirft eine Handvoll Erde auf den Deckel des Sarges. Edgar schließ die
Augen, um nicht ohnmächtig zu werden.
Im Inneren des Sarges
Das dumpfe Geräusch der Erde auf dem Sarg hat Henry aufgeweckt. Er trommelt
mit den Fäusten gegen den Sargdeckel.
Henry: Hilfe! Hilfe! So helft mir doch!
Er greift nach dem Verschluss, um sich zu befreien. Es gelingt ihm, das Schloss
zu öffnen, aber der Deckel lässt sich nicht bewegen. Er stöhnt,
versucht, ihn mit der Schulter nach oben zu drücken. Vier, fünf mal,
dann hört er auf, verschnauft.
Auf dem Friedhof
Die Messe ist vorbei. Edgar, Virginia und Muddy spazieren zwischen den Kiefern,
begleitet vom Priester. Edgar zögert, schaut zurück über die
saftige Wiese. Zurück bleibt nur der Totengräber, schaufelnd.
Straßenszene, Baltimore
Poe hat sich mit einem Gedicht und einer Erzählung an einem Wettbewerb
beteiligt und wartet nun auf die Entscheidung des Preisgerichts.
Edgar, Virginia und Muddy warten an einer Ecke warten bei einem Zeitungsjungen,
alle vier wärmen sich die Hände über einem Kohlenfeuer. Ein Wagen
nähert sich, sie wenden sich um, wie um ihn zu empfangen. Eine
Zeitungsausträger auf der Ladefläche des Wagens hievt verschnürte
Zeitungen auf den Bürgersteig. Der Zeitungsjunge schneidet die Bänder
auf, und Edgar greift zur obersten Aus-gabe. Er fliegt durch die Seiten; Muddy
bezahlt inzwischen den Jungen. Edgar erstarrt, wirkt überrascht.
Virginia: Und?
Edgar : (grimmig, gibt ihr die Zeitung) Ich habe bei den Preis für die Prosa
gewonnen und nicht den für die Lyrik.
Muddy: Wir haben gewonnen!
Virginia: Einhundert Dollar!
Sie fallen sich in die Arme und tanzen, wedeln mit der Zeitung herum. Edgar
steht niedergeschlagen da.
Muddy: Warum bläst Du Tr bsal? Wir haben gewonnen.
Edgar: Und doch verloren.
Virginia: Du machst wohl Spaß?
Edgar: Wenn es nur einen Penny wert war, dann war es auch ein
Hundert-Dollar-Gedicht. Ich kenne nicht mal diesen Henry Wilton, der den Preis
davon getragen hat. Für mich riecht das nach Schiebung.
Muddy : (neckt ihn) Eddie.
Edgar: Das treibt mich zur Weißglut.
Er eilt nach Hause, Muddy und Virginia folgen und tauschen ärgerliche
Blicke.
Redaktion des Baltimore Visiter
Redaktionsstube. Umringt von Jounalisten und Druckern in Schürzen
überreicht der Herausgeber Edgar seine hundert Dollar. John Hill Hewitt ist
ein stämmiger Mann in einer maßgeschneiderten Weste.
Reporter: Geben Sie eine Runde aus, Mister Poe?
Edgar: Nur wenn Sie mir diesen Wilton zeigen, der mich auf meinem besten
Feld ausgestochen hat. Oder hat er sich schon davongemacht?
Hewitt: Wilton ist nicht sein richtiger Name.
Edgar: Den Verdacht hatte ich auch, schließlich kenne ich die Dichter
der Stadt. Wer verbirgt sich hinter diesem Namen?
Hewitt: Ich muss gestehen, dass ich das nicht preisgeben darf.
Edgar: Dann bin ich von einem Niemand übertroffen worden. Das ist das
Schicksal aller, die sich mit der Muse eingelassen haben.
Reporter: Und wie steht es nun mit der Runde?
Edgar: Fragen Sie doch Ihren Mister Wilton danach.
Kneipe
Eine schäbige Spelunke - Spucknäpfe, Zigarrenqualm, ein langer
Tresen mit einem Spiegel. Derselbe Reporter vom Visiter und ein zweiter trinken
Fassbier in einer Ecke. Sie haben bereits ein paar Gläser intus.
Reporter: Armer Kerl, er hat was gemerkt.
Zweiter Reporter: Was meinst Du?
Reporter: Poe. Die Jury hat auch sein Gedicht für den ersten Platz
vorgeschlagen. Ein grausiges Ding, aber hervorragendgemacht. Er hat Talent
- Poe der Poet.
Zweiter Reporter: Warum der Betrug?
Reporter: Hewitt meinte: Warum ihm zweihundert geben, wenn wir ihn auch
für hundert Dollar haben können?
In der Koje nebenan sitzt Edgar allein beim Whiskey. Er beugt sich hinüber,
um die beiden noch besser belauschen zu können.
Zweiter Reporter: Wer ist denn nun dieser geheimnisvolle Wilton?
Reporter: Ich dachte, das wüsste jeder? Hewitt selbst.
Zweiter Reporter : (lacht) Der alte Fuchs.
Reporter: Wir arbeiten in einem verkommenen Metier, in einer verkommenen
Zeit, mein Lieber.
Southern Literary Messenger
Tische und Stehpulte, eine Druckerpresse. Stapel der neuesten Ausgabe des
Magazins. Alles so ähnlich wie beim Baltimore Visiter, aber bescheidener.
Als Edgar eintritt, hält der Herausgeber, Thomas Willis White, ein
drahtiger Mann in der Fünfzigern, die Presse an, streift seine
tverschmierten Arbeitshandschuhe ab und durchquert den Raum mit ausgestreckter
Hand, um Edgar zu begrüßen.
White:
Thomas Willis White. Es ist mir eine Ehre. Ich bin Ihr größter
Bewunderer. Willkommen beim Messenger.
(Er breitet seine Arme aus)
So groß ist unsere Auflage, im Moment. Ich bin fest davon überzeugt,
durch Sie wird sich das bald ändern.
Edgar:
(mit leichtem Südstaaten-Akzent) Sie sind sehr freundlich, Mister
White.
White : (bietet ihm einen Platz an): Ich hoffe, Sie sind immer noch einverstanden mit
den Konditionen, die wir schriftlich vereinbart haben?
Edgar: Das bin ich.
White: Können Sie im Juni anfangen?
Edgar nickt müde.
White: Mister Kennedy lobt Sie in den höchsten Tönen, so sehr,
dass er es kaum über sich brachte, mich wissen zu lassen, dass sie ganz
gerne ein Gläschen trinken.
Edgar: Das bestreite ich nicht.
White: Sehr weise von ihnen. Wenn Ihre Vorliebe Ihre Arbeit
beeinträchtigt, habe ich keine andere Wahl, als Sie das ungehend wissen zu
lassen.
Edgar: Ich habe verstanden.
White: Das will ich hoffen. Mit Alkohol im Blut kann man nicht arbeiten.
Wenn Sie bei mir arbeiten wollen, müssen Sie die Finger von der Flasche
lassen.
Edgar: Das werde ich.
White : (erhebt sich und streckt seine Hand aus) Großartig. Dann zeige ich Ihnen
mal unseren Laden.
Edgar steht auf und folgt ihm. Instinktiv tastet er nach dem Flachmann in seiner
Westentasche.
Poe war ein Quartalssäufer. Wegen seiner Trunksucht wurde er
schließlich gefeuert, später aber wieder eingestellt.
Edgar in Hemdsärmeln, arbeitet sich durch Stapel von Manuskripten. Im
Hintergrund studiert White ein Exemplar der aktuellen Ausgabe. Mit einem
verstörten Blick zeigt er sie Edgar.
White: Also (zitiert) "Mister Coopers ,Der Pirat' ist der
ungenießbarste Blödsinn, mit dem der gesunde Menschenverstand aller
aufrechten Amerikaner je so offen und infam beleidigt wurde."
(blättert weiter)
"Wie bei allen längeren Werken von Mister Lowell schrumpft am Ende
alles zusammen auf ein Wirrwarr von Plattheiten und Ungereimtheiten."
(blättert weiter)
"Eine besonders fade Geschichte, grauenhaft schlecht geschrieben. Mister
Irving sollte es besser wissen." - Soll das ein Witz sein?
Edgar: Das ist nur die ungeschminkte Wahrheit. Warum kommt sie ihnen
komisch vor?
White: Wird das dem Leser nicht ebenso gehen?
Edgar:
Der Leser hat sein Vergnügen daran, wenn der Autor gequält wird.
Das ist die vornehmste Aufgabe der öffentlichen Kritik. Sie ist dem Galgen
verwandt, vor dem sich die Menge versammelt. Je grausamer das Vergnügen,
desto größer die Meute.
White: Eine ziemlich billige Methode.
Edgar: Nicht bei meinem Gehalt. Ich gehe jede Wette ein, dass wie von
unserer doppelt so viele Exemplare verkaufen.
White: Wie viel setzen Sie?
Edgar fischt einen Silberdollar aus seiner Tasche. White gräbt ebenfalls
einen aus seiner Tasche und legt ihn auf den anderen.
Wochen später
Edgar arbeitet an seinem Platz. Die Druckerpresse rattert im Hintergrund. White
kommt herüber und legt zwei Silberdollar auf ein Stück
Löschpapier.
Wieder ein paar Wochen später
Edgar an seinem Platz, er trägt Ärmelschoner. White kommt über
den Flur mit einem Exemplar der neuen Ausgabe. Er blättert sie auf und
zeigt sie Edgar.
White:
Ihre "Berenice" ist extrem merkwürdig.
Edgar: Mögen Sie die Geschichte?
White: Zweifellos ist das trefflich geschrieben. Habe ich das richtig
verstanden, dass der Erzähler ihr die Zähne ausbricht, während
sie noch lebt? Ist das die Pointe?
Edgar: Das ist nur eine Begebenheit, angestrebt wird ein erhabener Zweck,
das hoffe ich zumindest.
White: Und das wäre?
Edgar: Schock und Schrecken.
White: Kauft unser Leser etwa das Magazin, um schockiert und erschreckt zu
werden?
Edgar: Um unterhalten zu werden, ja.
White: Nennen Sie das Unterhaltung, wenn einer jungen Frau sämtliche
Zähne ausgerissen werden?
Edgar: Die Entdeckung, dass der Mann, der uns die Geschichte erzählt
und dem wir so lange getraut haben, tatsächlich ein Wahnsinniger ist -
das ist unterhaltsam. Gruselig würde ich sagen. Finden Sie etwa nicht?
White: Ja, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das gutheißen kann.
Kommt mir vor, wie ein morbides Vergnügen, ziemlich ungesund.
Edgar: Ausgezeichnet!
White: Mir macht das zu schaffen.
Edgar: Das soll es ja auch.
White: Aber unsere Leser sollen nicht verängstigt werden. Sie wollen
Geschichten lesen, die sie bereits kennen. Sie wollen, dass wie sie in ihren
Überzeugungen bestärken, die Ihnen lieb und teuer sind.
Edgar: Das ist Populismus.
White: Das ist Sinn fürs Geschäft, Edgar, und das hier ist ein
Geschäft.
Edgar: Was erwarten Sie also von mir?
White: Haben Sie schon eine Geschichte für die nächste Nummer?
Edgar: Ich habe mehrere Ideen.
White: Ist eine lustige dabei?
Edgar: Lustig?
White: Witzig, Sie wissen schon, leicht, launig.
Edgar: Keine einzige.
White: Dann lassen Sie sich etwas einfallen. Nur fürs Gleichgewicht.
Im November können Sie wieder bringen, was Sie wollen.
Edgar : Ich dachte, ich hätte freie Hand.
White: Die haben Sie. Ich wollte bloß vorschlagen, dass sie unseren
Lesern die ganze Bandbreite Ihres Könnens zeigen. Ich bin davon
überzeugt, Sie sind ein Meister der leichten Form, wenn Sie nur wollen.
Edgar: Wenn Sie das wollen.
White: So ist es.
Edgar : Ich gehorche. Immer in den geraden Monaten sollen meine Geschichten zum Lachen
sein.
White geht weg, Edgar nimmt seine Arbneit wieder auf
In der Redaktion
Edgar schreibt fieberhaft, um ihn herum zerknülltes Papier früherer
Versuche. White erscheint.
White: Und, sind wir auch lustig?
Edgar schaut ihn an. Ein Pfeil steckt in Whites Auge, ein Beil hat seinen
Schädel gespalten. Edgar wendet sich wieder seiner Arbeit zu.
In der Wohnung
Edgar : (liest) "Eine rapide Steigerung von Unglaubwürdigkeit. Wir bedauern,
Mister Poes Namen in Verbindung bringen zu müssen mit einem solchen
Ausmaß von Kenntnislosigkeit und Unverfrorenheit."
Er pfeffert die Zeitung in die Ecke und nimtm eine andere zur Hand.
Edgar: "Erzählt in einer ungefügen und schludrigen Stil,
selten gesegnet mit den Schönheiten des Aufbaus."
Eine andere Zeitung.
Edgar:
"Ärgerlich und teuflisch. Wir können den Autor nur
bedauern."
Virginia und Muddy auf dem Sofa. Sie haben ebenfalls Zeitungen.
Muddy:
"Eine ungewöhnlich fesselnde Arbeit, anders als alles, was wir
bisher gelesen haben."
Edgar:
Schmeichelei. Sicher hat Harper's da seine Hand im Spiel.
Virginia: "All jene, die sich am Schönen und Schrecklichen
erfreuen können, erwartet ein Fest."
Edgar: Das ist der New Yorker, die haben Sinn für das
Ungewöhnliche.
Virginia: Hier. "Eine gekonnte und einnehmende Geschichte, gewiss wird
sie dem verdienten Autor. . . "
Edgar: ". . . den Erfolg bescheren, den er längst verdient
hat." Jonathan R. Dawkins, besser bekannt als Edgar A. Poe. Ich bin mir
nicht ganz sicher, ob ich ihm zustimmen kann. Spielt aber keine Rolle. Ich bin
eigentlich kein Romancier, sondern ein Poet.
Virginia geht zu ihm hinüber und nimmt ihn in den Arm.
Deutsch von Christopher Schmidt
Aus der Geschichte des Horrors: Illustration zu Edgar Allan Poes Erzählung
"Die Grube und das Pendel” Foto: Getty Images
Stewart O'Nan, Schriftsteller und Drehbuchautor Foto: Getty Images